Im Gespräch

Arbeiten in einer digitalisierten Unternehmenskultur

Der digitale Wandel stellt Unternehmen zunehmend vor neue Herausforderungen, sowohl technologisch als auch auf Ebene der Mitarbeiter*innen. Wir haben uns mit Ursuala della Schiava-Winkler von der Academy4socialskills darüber unterhalten, was eine digitalisierte Unternehemenskultur bedeutet und welche Skills in diesem Zusammenhang künftig wichtiger werden.  

Wie sieht eine zukunftsfähige Unternehmenskultur aus?

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Wie wird sich Lernen im digitalen Unternehmen gestalten?

Wir verbringen nur 3-4% unserer Lebenszeit mit schulischer Bildung, den Rest mit sogenannter informeller Bildung. Dieser Bereich wird sich stark verändern. Durch experimentelles Lernen, durch sich ausprobieren, scheitern, ent- und wieder neu lernen, können wir ganz andere Lernformate zur Verfügung stellen, die uns helfen sich im lebenslangen Lernen zurechtzufinden. Wir haben 42 Interventionen zur Erleichterung der nötigen Lern- und Entfaltungswege zusammengestellt, die Sie rasch, konkret und gut moderiert in Digitalisierung schreiten lassen. 

Werden wir uns durch Digitalisierung wegrationalisieren, wird uns die Arbeit ausgehen?

Digitalisierung kann als Wachstumsmotor dienen. Wir müssen die Interaktion zwischen Mensch und Maschine nützen. Was dabei entscheidend sein wird, ist der kontinuierliche Umbau des Arbeitsmarktes, um die zukünftigen Veränderungen vorwegzunehmen. Es wird keine Revolution und keine Explosion, sondern ein kontinuierlicher Wachstumsprozess, der gut durchdacht begleitet und entwickelt werden kann.

„Soziale Kompetenz und Empathie sind durch Roboter nicht ersetzbar. Und Digitalisierung erfordert menschliche Empathie.“

Was können Maschinen besser als Menschen und was werden Maschinen nie besser als Menschen können?

Wir Menschen haben ein soziales Organ: wir lieben, schwärmen, träumen, uns fortpflanzen, haben Sehnsüchte. Wir haben eine soziale Intelligenz, Mitgefühl und Empathie. Wir kreieren Lösungen und Ideen gemeinsam und können uns wechselseitig befähigen, stützen und uns fördern –  und natürlich haben wir auch unsere finsteren Seiten.  Maschinen sind im Speichern, verknüpfen und auswerten von Datenmengen, in der mathematischen Maschinenlogik und Rationalität unserer Gehirnleistung überlegen. Soziale Kompetenz und Empathie sind aber durch Roboter nicht ersetzbar. Und Digitalisierung erfordert menschliche Empathie.

Was ändert sich im Management?

Hier ist der größte Paradigmenwechsel erkennbar: Open Mindset, Wertschätzung ist gleich wichtig wie Wertschöpfung, Vertrauenskultur löst die Kontrollkultur ab, Initiativen, Kreativität, Selbstverantwortung werden gefördert, Dialoge und Aushandeln von Teamchartas lösen Arbeitsvorgaben ab, die Arbeitszeit ist gleichzeitig auch die persönliche Entwicklungszeit. Tayloristische Prinzipien haben ausgedient, agiles Handeln im psychologisch sicheren stabilen Rahmen wird wichtiger, um Teams den nötigen Rahmen und Raum zu geben sich selbst zu organisieren. Es gilt traditionelle Führungsgewohnheiten gut mit den neuen Anforderungen zu kombinieren.

Was ist die Folge der gestiegenen Arbeitsproduktivität, die durch die Digitalisierung entstehen kann?

Unbestritten werden Produkte billiger, vielfach auch besser und individualisierbarer, es wird die Arbeitszeit sinken, neue Arbeitsmöglichkeiten werden durch innovative Lösungen entstehen. Dadurch können auch die Löhne steigen und damit die Kaufkraft gestärkt werden.

„Einen physischen Ankerpunkt der Unternehmenskultur wird es nicht mehr geben.“

Wie werden wir mit der künftig wachsenden Geschwindigkeit als Personen und Organisationen umgehen müssen?

Arbeit von morgen ist beschleunigt, braucht und bringt ständig neue Methoden und Arbeitsansätze hervor. Während der Umgang mit den digitalen Arbeitshilfen immer selbsterklärender wird, erfordert deren Bereitstellung immer tieferes Verständnis. Und genau hier braucht es reskilling. Als Teil der Digitalisierungsinitiativen brechen Unternehmen vermehrt in Richtung Selbstorganisation und Agilität, mit dem Ziel einer höheren Kundenorientierung und der Entscheidungsfähigkeit dort wo das jeweilige Know-how sitzt, das macht per Se schneller und flexibler.

Wie wird sich die räumliche, zeitliche Flexibilisierung des Arbeitslebens gestalten? Was ist ein gesunder Mix zwischen Homeoffice und Anwesenheit im Unternehmen?

Die starren Grenzen zwischen Arbeitsort und Arbeitszeit werden durch neue Technologien aufgelöst. Spannungsfeld zwischen Kommunikation, Kollaboration und Konzentration wird über den Arbeitsort entscheiden. Die Unterscheidung liegt im Büro/Arbeitsplatz der Zukunft, in „We-“ und „Me-Places“. We-Places sind Orte der Begegnung, des Austausches und der Kommunikation. Sie bilden ein soziales Zentrum und dienen als temporäre Arbeitsplätze.
Me-Places hingegen sind Rückzugsorte, an denen die Mitarbeiter konzentriert arbeiten können. Einen physischen Ankerpunkt der Unternehmenskultur wird es nicht mehr geben.

Welche Kompetenzen brauchen wir künftig mehr?

Human reskilling: Organisationen benötigen Führungskräfte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich gegenseitig auf Veränderungen vorbereiten, sich austauschen, sowie zum Lernen und zum Entwickeln neuer Fähigkeiten motivieren. Ebenso ist ein vertrauensvoller Umgang miteinander erforderlich.
Metaskills: also Selbstorganisation, Führungs-, Anpassungs- und Teamfähigkeit, sowie Kreativität. Lebenslanges Lernen und die Fähigkeit, sich auf berufliche Veränderungen einzulassen, werden im Zeitalter der Digitalisierung immer wichtiger.
Upskilling: In allen bestehenden Jobs müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin geschult werden, die zur Verfügung stehenden (neuen) Technologien einzusetzen und anzuwenden. Dazu ist die Einschulung in digitale Tools und Methoden notwendig.
Digital reskilling: Durch die Digitalisierung entstehen neue Anforderungen an die Arbeit, an die Zusammenarbeit sowie an die Entwicklung von Prozessen, Produkten und Services. Auch hier sind neue Fähigkeiten zu vermitteln.
Upskilling und Reskilling sind kurzfristige Maßnahmen. Metaskills hingegen sind langfristig benötigte Fähigkeiten.

„Führungskräfte müssen den Mitarbeiter*innen die benötigte Zeit und den Raum geben, um sich in der Digitalisierung neu zu entfalten, neu zu orientieren, zu scheitern und zu lernen.“

Wie erreicht man Digitale Fitness für Organisationen?

Führungskräfte zeigen sich als Enabler der Digitalisierung. Sie forcieren neue Denkweisen, sind offen und widmen sich der individuellen Weiterentwicklung der Mitarbeiter hin zu selbstorganisierten Teams. Diesen müssen sie die benötigte Zeit und den Raum geben, um sich in der Digitalisierung neu zu entfalten, neu zu orientieren, zu scheitern und zu lernen. In verdaubaren Steps unterstützen Führungskräfte ihre Teams mit direktem Feedback.  Wir haben Interventionen zur Erleichterung der nötigen Lern- und Entfaltungswege zusammengestellt, die sie rasch, konkret und gut moderiert in digitale Fitness führen und gleichzeitig ihren digitalen Reifegrad erhöhen. 

Welche Rahmenbedingungen und Funktionsprinzipien treiben die Digitalisierung in der Organisation?

Reverse Mentoring, Tandems, Work Out Loud, Flipped Courses, Microlearning u.v.m – kleine Gruppen in unterschiedlichen Settings. Ermöglicht wird so der Dialog zwischen den Generationen, zwischen Andersdenkenden in bunter Vielfalt, um sich von altgewohnten Denk- und Arbeitsweisen zu befreien und gleichzeitig digitales Wissen zu erhöhen. Es braucht dafür Offenheit, Neugierde, ein digitales Mindset und ein methodisches Handwerkzeug, das die Learning Journeys zusammenstellt und die Mitarbeiter auf dem Lernweg begleitet.

Wie entsteht sinnstiftende Arbeit, eine gelungene Employee-experience und mehr Zufriedenheit im Wettbewerb um den Faktor Mensch?

Aktuell fokussiert HR auf Zusatzleistungen, Vergütungen und Work-Life-Balance, alles sicher wichtige Elemente, aber der Kern wird verfehlt. Sinnstiftende Arbeit entsteht dort, wo Umsatzwachstum und Gewinne sich mit der Notwendigkeit vereinen, die Umwelt, die Stakeholder insbesondere ihre Mitarbeiter gleichermaßen zu respektieren und unterstützen. Die Beziehung zwischen Arbeitgebern und ihren Mitarbeitern wird dabei neu definiert und schafft vielfältige individuelle Gestaltungsspielräume mit mehr Flexibilität. Flexible Arbeitsverhältnisse nehmen weltweit zu. Man geht davon aus, dass schon 2020 weltweit rund 40 Prozent aller Arbeitenden in einem loseren Verhältnis zu ihrem Unternehmen stehen werden.

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