Reflexion beim Problemlösen

Reflexion beim Problemlösen

Nicht immer brauchen wir Distanz, Raum und Zeit zum Reflektieren, manchmal erfordert es Reflexion mitten im Verlauf einer Handlung, so beim Problemlösen. Hier wird der Reflexionsrahmen durch das Momente der Überraschung, des Scheiterns oder auch nur der situativen Unzufriedenheit, weil ein bisher gewohnter und bewährter routinemäßiger Lösungsweg nicht zum Zeil führt, eröffnet.   Durch diesen Musterbruch erfolgt ein experimentierendes Handeln, dass begleitet ist durch eine beobachtende Selbstreflexion.

Es ist ein vorsichtiges Handeln. Es trennt das Denken nicht vom Tun. Durch die Reflexion ergibt sich ein sicheres Netz in der Entscheidungsfindung und ermöglicht daher für uns ein besseres Aushalten der ungewissen Praxis.  Diese Form der Selbstreflexion gibt Selbstvertrauen fürs Experimentieren, fürs Ausprobieren neuer Lösungen und neuartige disruptive Zugänge. (reflection in action).

Um das Experiment zu wiederholen oder in eine Routine überzuführen, passiert ein weiterer Reflexionsschritt. Einerseits über den Handlungsvollzug und anderseits um die Metaebene der Analyse und kritischen Betrachtung der neue Möglichkeiten zu ermöglichen. Diese Form der Analyse, Darstellung, Mitteilung, Reorganisation und Optimierung der Handlung eröffnet nun einen Reflexionsraum, ein entsprechendes Time-out im Interesse der Bewältigung des Veränderungsprozessen und zur Bestätigung der gelungenen neuen Handlungspraxis. (reflection on action). Erst dadurch wird es möglich diese neue Routine explizit kommunizierbar zu machen, an Teamkollegen weiterzuvermitteln oder als neue Idee/neuen Prozess zu beschreiben.

Um in Zukunft gut handlungsfähig und agil zu sein, braucht es mehrere Reflexionsformate, um komplexe Situationen professionell bearbeiten zu können. Wissen in der Handlung als unbewusste Reflexionspraxis, Reflexion in der Handlung eingebettet als begleitende reflektierende Handlungsroutine und Reflexion über die Handlung sind dabei drei unterschiedliche Zugänge.  Organisationales Lernen braucht geübte Reflexionspraxis um singelelooplearning (etwas Bestimmtes lernen), doublelooplearning (etwas Bestimmtes besser effektiver lernen) und deutero learning (Lernen besser zu lernen also aus gemachten Erfahrungen (inklusive Fehlern) zu lernen und dieses Wissen in der Organisation zu speichern und weiterzugeben)

Will man seine Reflexionskompetenz erhöhen, gilt es die Stufenleiter der Reflexivität übend zu besteigen. In der Basisstufe gibt es keine Reflexion und daraus folgend eine unwillkürliche automatisierte Reaktion in der Situation. Die erste Reflexionsstufe ist am ehesten mit dem Zustand des Flows zu beschreiben und zeichnet sich durch mentales Aufgehen in der Tätigkeit und in sich selbst ruhend auf sich bezogenes Tun aus. Im Flow findet kein Nachdenken statt, stattdessen eine hohe aktive Konzentration und ein ausgeschaltetes Zeitempfinden. Die nächste Reflexionsstufe ist gekennzeichnet durch analytisches Betrachten, Eigenschaften der handelnden Personen werden ohne Kontext katalogisiert und quasi in Schubladen eingeordnet. Diese Form der Reflexion ist zum Beispiel beim Training on the Job durchaus üblich, insbesondere dann wenn es davor keinerlei Erfahrung oder Hintergrund in dieser Tätigkeit gibt. Die dritte Stufe der Reflexion fokussiert auf die eigene Handlung.(was war der Ausgangspunkt, was soll erreicht werden, was ist die Zielsetzung und welche Dynamiken sind derzeit beobachtbar, sind die zentralen Fragestellungen mit dem Schwerpunkt auf den Prozess.) Dadurch wird die Handlung relativiert und die Suche nach möglichen Alternativen angestoßen und die Qualität des Handelns beurteilt. Die nächste Stufe der Reflexion ergänzt die reflektierenden Betrachtung um die Beziehung der beteiligten Personen  ergänzt um die eigener Annahmen, Interessen und Motive in unterschiedlichsten Handlungssituationen wird auch das empathische Hineinversetzen in andere und so Kooperation ermöglicht. Die nächste und damit fünfte Stufe der Reflexion ergänzt die Beobachtung der Abläufe, die Voraussetzung, die verschiedenen beteiligten Personen, Handlungsmethodiken und Handlungen, um die Zugehörigkeit der beteiligten zu verschiedenen Systemen, Abteilungen, Unternehmen und betrachtet damit das ganze handelnde System genauer. Auf der sechsten und vorletzten Reflexionsstufe geraten die komplexen Phänomene Selbstorganisation und Kultur in den reflektierenden Blick: Systeme und Subsysteme mitsamt ihren zugehörigen Komponenten und Zwecksetzungen lassen ein Gesamtsystem und dessen jeweilige Untereinheiten zu einem fragilen und komplexen Gebilde werden, das sich selbst immer wieder neu austariert und damit keinen stabilen Beobachtungsrahmen ergibt. Das System ist in Veränderung und beobachtende Reflexion zeichnet Verläufe, Bewertungen und Beobachtungen werden im Sinne der konstruierten Wahrheit hinterfragt und die Intention der Bedeutung beleuchtet. Die letzte Stufe der Reflexion fügt die Vernetzungen als Beobachtungsradar dazu. Sie differenziert und untersucht die allen Beziehungsmustern zugrundeliegenden jeweiligen Voraussetzungen und versucht, die unterschiedlichen, auch individuellen Perspektiven der verschiedenen Akteure offen zu legen. Damit werden Handlungsmotive und -gründe expliziert, die einem bestimmten Standpunkt, der dem Gesamtsystem gegenüber eingenommen wird, zugrundeliegen. Dies inkludiert Gegenstände, Verfahren und Prozesse, die auf bestimmte Sachzwänge und auf solche Faktoren verweisen, die Handlungsspielräume beschneiden. Das reflexive Interesse gilt auf dieser Ebene den komplexesten Fragen der Vernetzung verschiedener Bereiche einer Organisation, mitsamt (Selbst)Organisationsprozessen, einwirkenden Kräften, Aktionen und Reaktionen, Informationen, Verarbeitungsprozessen, Umgebungsvariablen, Fehlerhaftigkeiten, Wünschen und Zwecken, Anpassungen und Abweichungen, Bewertungen, Kommunikationen, Kooperationen, Funktionen, Anforderungen und Grenzen, Vernetzungen und letztlich mitsamt der Reaktion des Gesamtsystems selbst. (vgl. dazu Reflexionsstufentheorie Martin Hartmanns)

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